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16.11.2017

Deutsche Geschichte auf vier Rädern erfahren -  Chauffeur der alten Schule geht in Ruhestand

Wie viel zigtausend Kilometer Erwin Reim zwischen Würzburg und Bonn oder Berlin und quer durch Europa unter die vier Räder diverser Dienstwagen in seinen 28 Jahren als Chauffeur genommen hat, kann er selbst nicht mehr sagen. Nach insgesamt 17 Jahren als Fahrer der Würzburger Landräte Waldemar Zorn und Eberhard Nuß verabschiedete ihn letzterer nun in den Ruhestand.

Erwin Reim begann seine berufliche Laufbahn am 15. Juni 1989 als Fahrer der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, als noch Bonn Bundeshauptstadt und Regierungssitz war. Damals war Dr. Wolfgang Bötsch Vorsitzender der CSU-Landesgruppe und der Eichelseer Erwin Reim sein persönlicher Fahrer.

Autos und Autofahren gehörten schon immer zum Berufsleben von Erwin Reim: Als Kfz-Mechanikermeister, ehemaliger Fahrlehrer der Bundeswehr, Absolvent einer Kraftfahrerausbildung mit speziellen Sicherheitstrainings, etwa für Fluchtfahrten vor Terroristen, war er bestens gerüstet für seine Aufgabe als „Cheffahrer“.

Politiker als Chefs war er gewohnt: Als Wolfgang Bötsch am 21. Januar 1993 als Bundesminister für Post und Telekommunikation in die von Bundeskanzler Helmut Kohl geführte Bundesregierung berufen wurde, nahm er seinen bewährten Chauffeur mit ins Ministerium. Somit hatte Erwin Reim bereits einen Tag später, ab dem 22. Januar 1993 eine neue Aufgabe und chauffierte Minister Bötsch nun zwischen Würzburg und Bonn und ab 1999, als Berlin Regierungssitz geworden war, eben dorthin und quer durch die Republik und auch über die Landesgrenzen hinaus, etwa nach Polen, Brüssel, Luxemburg, Dänemark oder Straßburg.

In die Amtszeit des im Oktober 2017 verstorbenen Bötsch fiel die Vorbereitung der Privatisierung der Deutschen Bundespost, die zur Auflösung des Postministeriums zum 31. Dezember 1997 führte. Bötsch schied damit aus der Bundesregierung aus – und Erwin Reim stand ab dem 1. Januar 1998 bis zum 31. Juli 2000 wieder in Diensten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Seine Qualitäten als zwar sportlicher, aber auch besonnener und vor allem verschwiegener und diskreter Fahrer waren inzwischen auch im Landratsamt bekannt. So holte ihn Landrat Waldemar Zorn zum 1. August 2000 als Kraftfahrer zum Landkreis und war – genauso wie Landrat Eberhard Nuß – immer mehr als zufrieden. „Erwin Reim konnte ich jederzeit mein Leben anvertrauen – und nichts weniger ist es, wenn man so viele tausend Kilometer gemeinsam unterwegs ist“, lobte Landrat Nuß bei Reims Verabschiedung in den Ruhestand.

Ab dem 2. Dezember 2017 genießt Erwin Reim seinen neuen Lebensabschnitt und freut sich darauf, nun nur noch sein eigener Chauffeur zu sein. Privat ist er jetzt noch öfter mit seiner Frau im VW-Bus unterwegs. „Im Urlaub suche ich mir einen Lkw aus, der die richtige Geschwindigkeit hat und hänge mich hintendran“, meint er schmunzelnd. Warum? In den Ferien, meist in deutschen Landen, da ziehen Erwin und Rosemarie Reim ihr Eigenheim an einer Anhängerkupplung mit sich und halten, wo es ihnen gefällt. Jetzt ganz ohne Terminplan.